Ohren zur Identifikation: sind Ohrabdrücke die neuen Fingerabdrücke?

Eine Technologie, die von Forschern in England entwickelt wurde, identifiziert Menschen über einen überraschenden Körperteil: die Ohren.

Forscher der University of Southampton entwickelten einen neuen Formfindungsalgorithmus, der zu 99,6 Prozent genau eine Person identifizieren kann. Gemäss den Forschern könnte diese neue Vorgehensweise die weltweit genaueste Methode zur Identifizierung von Menschen sein.

Neue Technologie

Regierungsbehörden verwenden seit langem Fingerabdrücke, um Personen zu identifizieren. Allein die US-FBI-Datenbank enthält 70 Millionen Fingerabdrücke von Kriminellen. Allerdings sind Fingerabdrücke keine exakte Wissenschaft. Fingerspitzen können beschädigt sein oder sich im Laufe der Zeit abreiben. 
 
Auch das Scanning der Iris ist eine schwierige Methode, denn das Auge weist eine kleine Fläche auf und sie ist nicht sicher gegen Missbrauch. So ist es möglich, statt des realen Augapfels ein hochauflösendes Bild eines Auges zu verwenden, um ein Identifikationsgerät zu täuschen.
 
Aufgrund dieser Nachteile von bisherigen Verfahren arbeiteten die Wissenschaftler der University of Southampton an der Entwicklung einer neuen Technologie, die in der Lage sein soll, jemanden über einen Körperteil zu identifizieren, der sich kaum verändert: das Ohr.
 
«Bei der Geburt ist ein menschliches Ohr bereits voll ausgebildet. Der Ohrlappen entwickelt sich etwas nach unten, aber insgesamt bleibt er unverändert. Es ist eine grossartige Möglichkeit, Menschen zu identifizieren", sagte Mark Nixon, Forschungsleiter, gegenüber dem Wired Magazine.

Wie es funktioniert

Laut Wired Magazine entwickelten die Forscher für die Ohridentifikation den «Image-Ray-Transform»-Algorithmus, um die individuellen menschlichen Formcharakteristiken einzulesen. Damit lasse sich ein Ohr mit 99,6 Prozent Genauigkeit identifizieren.
 
Dieser Algorithmus sucht mit Hilfe von Strahlen nach den einzigartigen Krümmungen in der Ohrform. Nachdem damit jeder Teil des Ohres eingelesen ist, rechnet ein weiteres Programm diese individuellen Kurven in einen Zahlencode, eine «Ohr-ID» um.

Stärken und Schwächen der Methode

Wie bei allen Technologien hat auch der Image-Ray-Transform-Algorithmus zur Identifikation von Menschen über die Ohren seine Stärken und Schwächen. Ähnlich der Iris-Scan-Methode ist die Genauigkeit der Ohr-Identifikationssysteme abhängig von verschiedenen Faktoren. So beeinflussen etwa Haare und Hörgeräte, die die Ohren bedecken, schwierige Lichtverhältnisse oder unterschiedliche Abtastwinkel die jeweiligen Resultate. Die Forscher betonen deswegen, dass es bei der Verwendung des Ohrs zur Identifizierung nicht darum geht, bestehende Biometrie wie Fingerabdrücke zu ersetzen. Vielmehr soll der Image-Ray-Transform-Algorithmus diese existierenden Technologien ergänzen, um damit die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Identifizierung zu erhöhen.
 
Die Technologie der Ohridentifikationssysteme steckt noch in den Kinderschuhen. Da sie jedoch laufend schneller und genauer wird,  könnte sie bald in vielerlei Situationen zum Einsatz kommen – etwa wenn eine Überwachungskamera eine Profilansicht eines Bankräubers erstellt.
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