Wie die Widex PureSound-Signalverarbeitung neuronale Codierungen der Signal-Einhüllenden erleichtert
Autoren: Christopher Slugocki Ph. D, Francis Kuk Ph. D, Petri Korhonen M. Sc. & Neal Ruperto Au. D - Widex ORCA-US
Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass sich Menschen für ein robustes Sprachverständnis sowohl unter ruhigen als auch unter störgeräuschbehafteten Bedingungen auf die Informationen der Signal-Einhüllenden verlassen. Die aktuelle Studie vergleicht drei Premium-Hörsysteme miteinander, darunter Widex MOMENT-Hörsysteme mit PureSound-Signalverarbeitung. Untersucht wurde, wie sich die Hörsysteme auf die Codierungsfähigkeit des zentralen auditiven Systems in Bezug auf die temporale Einhüllende auswirken. Möglicherweise kann die Codierung dieser zeitlichen Einhüllenden, die für die auditive Verarbeitung auf höherer Ebene zur Verfügung steht, qualitativ verzerrt abgebildet werden.
Widex hat Hörsysteme schon immer so konzipiert, dass sie ihren Trägern den natürlichsten Klang bieten. Dazu gehören die Gewährleistung eines unverzerrten Eingangssignals selbst bei hohen Pegeln (Oeding & Valente, 2015), die Bereitstellung einer ausreichenden Verstärkung über einen erweiterten Frequenzbereich (Peeters et al., 2011) und die Bewahrung der natürlichen zeitlichen Eigenschaften des Schalls durch die Verwendung einer langsam wirkenden Kompression (Kuk, 1998). Die Signalverarbeitung PureSound der Widex MOMENT-Plattform nutzt die ZeroDelay-Technologie, um die Vollständigkeit der Eingangssignale bei Anpassungen mit Zusatzbelüftung (insbesondere offenen Versorgungen) weiter zu bewahren. Dies wird erreicht, indem die Durchlaufverzögerung des Hörsystems auf weniger als 0,5 ms über alle Frequenzen hinweg verkürzt wird.
Die ultraschnelle Signalverarbeitung von PureSound fördert die Synchronität zwischen dem vom Hörsystem verstärkten Schall und dem unverstärkten Direktschall, der den Gehörgang über das Vent der akustischen Ankopplung erreicht. Das Ergebnis ist ein Signal, das praktisch frei von Kammfiltereffekten ist (Balling et al., 2020). Diese Artefakte des Kammfiltereffektes würden dem Schall „metallische“ oder „dumpfe“ Klangcharakteristiken verleihen (Bramslow, 2010). In der Tat haben bisherige Studien gezeigt, dass die PureSound-Verarbeitung die Klangqualität und die Wahrnehmung der eigenen Stimme bei Hörsystem-Trägern mit offener Anpassung verbessert (Balling et al., 2020), ohne dabei die Sprachverständlichkeit bei realistischen SNRs zu beeinträchtigen (Kuk et al., 2020, siehe auch Teil 1 der Reihe, Hörakustik 12/2020).
Das Verwirklichen einer besseren Synchronität zwischen verstärktem und Direktschall bewahrt auch die natürliche Einhüllende eines Klangs. Dies ist wichtig, da Studien darauf hindeuten, dass sich Menschen für ein robustes Sprachverstehen sowohl unter ruhigen als auch unter störgeräuschbehafteten Bedingungen auf die Informationen der Signal-Einhüllenden verlassen (Swaminathan, 2012). Im Gehirn wird die Information der Einhüllenden durch eine Informationsrate repräsentiert, bei dem die Neuronenpopulation synchrone Aktionspotenziale auf periodische Modulationen der Einhüllenden produziert. Die vom Hörnerv ausgehende Informationsrate wird die Hörbahn hinaufgeleitet, wo sie durch komplexere Hörprozesse verarbeitet und transformiert wird. Die synchrone Aktivität der auditiven Neuronen kann bei den jeweiligen Hörern mittels Elektroenzephalografie (EEG) aufgezeichnet werden. Solche EEG-Signale werden allgemein als Frequency-Following-Responses (FFRs, für eine Übersicht siehe Skoe und Kraus, 2010) oder Envelope-Following-Responses (EFRs) bezeichnet, wenn die neuronale Aktivität in Abhängigkeit der temporalen Einhüllenden betrachtet wird (Aiken & Picton, 2008).
Üblicherweise wird in EFR-Experimenten gemessen, wie gut auditorische Neuronen die Grundfrequenz (f0) von Sprachlauten (z. B. Vokalen) codieren. Da die Obertöne eines Vokals alle durch die Glottal-Frequenz (f0) amplitudenmoduliert werden, bietet die Verwendung synthetischer Sprache eine Betrachtungsmöglichkeit dafür, wie gut die Einhüllende der Amplitude über die Frequenzen hinweg nachverfolgt wird. Die Literatur deutet darauf hin, dass robustere EFRs mit besseren Sprache-im-Störgeräusch-Fähigkeiten (Song et al., 2011) und Unterschieden auf Gruppenebene bei den auditiven Verarbeitungsfähigkeiten in Verbindung gebracht werden. Dies hat sich bei Untersuchungen der Musikalität (Musacchia et al., 2008) oder der tonalen Spracherfahrung (Krishnan et al., 2005) abgezeichnet. Umgekehrt zeigte sich, dass durch Sprachsignale evozierte EFRs in Gegenwart von Hintergrundgeräuschen eine Verschlechterung aufweisen (Li & Jeng, 2011).
In der aktuellen Studie wird untersucht, wie sich die ZeroDelay-Technologie auf die Fähigkeit des zentralen auditorischen Systems auswirkt. Präzise gesagt auf die Codierung temporaler Einhüllender des Eingangssignals. Diese Ergebnisse könnten wichtige Informationen darüber liefern, wie die Verarbeitungsverzögerung in Hörsystemen diese Hüllkurve auf neuronaler Ebene möglicherweise verzerrt. Das ist wichtig, da die Informationen aus der temporalen Einhüllenden in höheren Ebenen der auditiven Verarbeitung benötigt werden.
Wir vermuten, dass die Interaktion zwischen Direktschall und verstärktem Schall bei einer offenen Anpassung Interferenzen erzeugt, die die Einhüllende (d. h. f0) der synthetisch produzierten Silbe /da/ auf Ebene der EFRs verzerrt. Darüber hinaus sollte die Verzerrung der zeitlichen Einhüllenden bei offen angepassten Hörsystemen mit längeren Durchlaufverzögerungen größer sein. Aus diesem Grund haben wir die mit dem Widex PureSound gemessenen EFRs mit den Premium-Hörsystemen zweier namhafter Hersteller mit längeren Verzögerungszeiten verglichen (Balling et al., 2020). Wir erwarten, dass die Hörsysteme, deren Durchlaufzeiten im Vergleich zur PureSound-Signalverarbeitung länger sind, weniger robuste EFRs hervorbringen werden.
Methoden der Studie
Teilnehmer: Insgesamt nahmen 16 ältere Probanden mit vorliegenden Hörminderungen an der Studie teil. Die Studienteilnehmer waren zwischen 58 und 81 Jahren alt. Ihr Durchschnittsalter betrug 69,8 Jahre. Zehn Probanden waren zum Zeitpunkt der Studie bereits erfahrene Hörgeräte-Träger mit Trageerfahrungen von 1 bis 15 Jahren. Ein Proband hat bereits früher an Hörgeräte-Studien teilgenommen, war aber zum Zeitpunkt der Studie kein Hörgeräte-Träger. Fünf weitere Teilnehmer hatten noch nie Hörgeräte getragen. Alle Probanden hatten einen beidseitig symmetrischen (innerhalb von 10 dB) geringen bis mittelgradigen sensorineuralen Hörverlust (siehe Abbildung 1). Zusätzlich bestanden alle Probanden ein kognitives Screening unter Verwendung des Montreal Cognitive Assessment (MoCA Durchschnittspunktzahl = 26,2). Das Testverfahren wurde von einem Ethikkomitee eines externen Gremiums genehmigt. Zusätzlich wurde von allen Teilnehmern eine Einverständniserklärung eingeholt.