SIGNALVERARBEITUNG UND KLANGQUALITÄT
Autoren: Laura Winther Balling Ph. D, Lars Dalskov Moosgard Ph. D & Dana Helmink Au. D
Die Signalverarbeitung von Hörgeräten ist zentral für den Klang, der den Nutzer tagtäglich umgibt. In diesem Artikel werden verschiedene mögliche Signalverarbeitungsstrategien vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Wahl der Filterbank sowie der Abtastrate und darauf, wie sich diese auf die Klangqualität auswirken. Sowohl Zeitbereichs- als auch Frequenzbereichsfilterbänke haben ihre Vorteile, doch überwiegen die klanglichen Vorteile einer Zeitbereichsfilterbank gegenüber anderen Überlegungen.
Viele Elemente sind für ein erfolgreiches Hörsystem wichtig – dazu gehören auch solche, die nicht direkt mit dem Hören zu tun haben, etwa leistungsfähige Akkus und Batterien, zuverlässige Konnektivitäts-Lösungen und ein benutzerfreundliches Design. Doch die Signalverarbeitung bleibt von allen Aspekten das Herzstück. Die Wahl der Signalverarbeitung eines Hörgeräts hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Versorgung des Hörverlusts, genauso wie sich der Klang des Hörgeräts auf seine Träger auswirkt. Obwohl einfache Hörgeräte mit Möglichkeiten zur Konnektivität und wiederaufladbaren Akkus in Teilen der Welt bereits über das Internet gekauft werden können, wird der beste, passendste Klang jedoch nur mit der richtigen Wahl der Signalverarbeitung und durch eine individuelle Anpassung der Hörsysteme durch sachkundige Hörakustiker erreicht.
Dieser Beitrag zeigt auf, wie Klangqualität und Signalverarbeitung zusammenhängen, wobei der Schwerpunkt auf die verwendeten Filterbänke und Abtastraten gelegt wird. Es werden die Vor- und Nachteile möglicher Optionen beschrieben und schließlich wird für die Wahl einer Filterbank und Abtastrate plädiert, die das Signal bewahren und mit dem menschlichen auditiven System so weit wie möglich übereinstimmen.
Ein grundlegender Verarbeitungspfad
Ein typischer Verarbeitungspfad in digitalen Hörsystemen beginnt mit dem Signal, das durch ein Mikrofon aufgenommen und dann von einem analogen in ein digitales Signal umgewandelt wird. Eine Analysefilterbank teilt das Signal in mehrere Frequenzbänder beziehungsweise -kanäle auf, die dann für weitere digitale Signalverarbeitungsprozesse wie die Kompression bzw. Verstärkungsberechnung und die Störgeräuschunterdrückung bereitstehen. Nach seiner Verarbeitung wird das Signal durch eine Synthesefilterbank wieder zusammengesetzt und über den Hörer des Hörsystems wiedergegeben. Dieser gängige Ansatz des Hörsystemdesigns verdeutlicht die wichtige Rolle von Filterbänken in der digitalen Signalverarbeitung.
Ein weiteres wichtiges Konzept ist das Abtasten (Sampling), also die Umwandlung des kontinuierlichen analogen Tonsignals in diskrete Teile, sogenannte Samples, die für die weitere Verarbeitung bereitstehen. Dies erfolgt mit unterschiedlichen Audio-Abtastraten, d. h. mit einer unterschiedlichen Anzahl von Samples pro Sekunde. CDs und viele Musik-Streamingdienste verwenden 44,1 kHz, das entspricht 44.100 Samples pro Sekunde. Bei Hörgeräten liegen die Abtastraten in der Regel zwischen 20 kHz und 33,1 kHz.
Die Abtastrate bezieht sich auf die Frequenz, die im Signal dargestellt werden kann, sodass die höchste darstellbare Frequenz die Hälfte der Abtastrate ist. Diese Frequenz wird als Nyquist-Frequenz bezeichnet. Das bedeutet, dass eine 20-kHz-Abtastrate eine Nyquist-Frequenz von 10 kHz hat und Frequenzen bis zu 10 kHz möglich sind, während eine 33-kHz-Abtastrate Frequenzen bis zu 16,5 kHz erlaubt. Bei diesen Zahlen handelt es sich um die Abtastraten in der Eingangsstufe der Signalverarbeitung. Im weiteren Verlauf des Verarbeitungspfades kann das Signal heruntergetaktet werden, um Verarbeitungskapazität zu sparen, bevor es wieder hochgetaktet wird. Auch wenn andere Faktoren, z. B. die Abschwächung des Hörer-Ausgangspegels, den Frequenzbereich des Ausgangssignals einschränken können, ist eine höhere Wiedergabetreue in den hohen Frequenzen für bestimmte Hörverluste weiterhin von Bedeutung. Eine hohe Abtastrate birgt für die Klangqualität noch weitere Vorteile, etwa eine geringere Verarbeitungsverzögerung und flach abfallende Filter.
Filterbänke im Zeit- und im Frequenzbereich
Obwohl der grundlegende Verarbeitungspfad bei vielen Hörgeräten gleich ist, besteht bei der Wahl der Filterbank ein fundamentaler Unterschied: Die meisten Hörgerätehersteller verwenden sogenannte Frequenzbereichsfilterbänke beziehungsweise einheitliche Filterbänke. Hörgeräte von Widex greifen auf Zeitbereichsfilterbänke beziehungsweise nicht einheitliche Filterbänke (z. B. Infinite-Impulse-Response-Filter [IIR-Filter]) zurück – eine Entscheidung zugunsten eines natürlichen Klangs.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Typen hat mit einem grundlegenden Kompromiss bei der Verarbeitung zwischen Zeit- und Frequenzauflösung zu tun. So ist in jeder Filterbank die zeitliche Auflösung jedes Frequenzbandes proportional zu dessen Breite. Grob gesagt bedeutet dies, dass eine fünfmal breitere Bandbreite eine fünfmal höhere zeitliche Auflösung hat. Umgekehrt führt eine geringere Bandbreite zu einer schlechteren zeitlichen Auflösung.
Filterbänke im Frequenzbereich begrenzen das System auf Frequenzbänder mit gleicher Breite über den gesamten Frequenzbereich. In der Praxis bedeutet das, dass alle Bänder relativ schmal sind, weil die Bandbreite anhand der für die niedrigsten Frequenzen benötigten Bandbreite festgelegt wird. Die Frequenzempfindlichkeit des Ohrs ist für niedrige Frequenzen am höchsten, daher müssen die Bänder schmal sein. Aufgrund des oben beschriebenen Kompromisses zwischen Zeit und Frequenz heißt das auch, dass alle Bänder, sowohl die Hoch- als auch die Niederfrequenzbänder, mit der gleichen, relativ schlechten Zeitauflösung arbeiten.
Im Gegensatz dazu bieten nicht einheitliche Filterbänke, einschließlich Filterbänken im Zeitbereich, die Flexibilität, mit Filtern zu arbeiten, die in ihrer Bandbreite variieren können. Das bedeutet, dass die Hörgeräte-Entwickler die Bandbreiten im Prinzip nach Belieben festlegen können. Während also bei einer Filterbank im Frequenzbereich alle Bänder die gleiche Breite und zeitliche Auflösung haben, variieren sie bei einer Filterbank im Zeitbereich in der Breite und damit auch in der zeitlichen Auflösung.