Abbildung 3: Bewertungen der eigenen Hörsysteme (Woche 5) und PureSound-Hörsystemen (Woche 7) für die Kategorien: Natürlichkeit, Klarheit, Natürlichkeit der eigenen Stimme, Lokalisierung.
Der Klang ist natürlich: Eine herausragende Anzahl an Teilnehmern stimmte zu, dass der Klang durch PureSound natürlich ist. Dies entsprach 95 Prozent der Teilnehmer, die der Aussage eher bzw. vollständig zustimmten. Zurückführen kann man das Ergebnis darauf, dass der Kammfiltereffekt und die damit verbundenen Klangartefakte durch die ultraschnelle PureSound-Verarbeitung von unter 0,5 ms nicht mehr entstehen können. Durch die Befreiung von Klangartefakten wird, anders als bei den eigenen Hörsystemen der Teilnehmer, ein unverzerrter und natürlicher Klangeindruck erreicht. Möglich ist diese geringe Durchlaufzeit durch die Verwendung einer IIR-Filterbank und eines eigens umstrukturierten Signalpfads der in Widex Moment-Hörsystemen verwendeten ZeroDelay-Technologie. Die schnellere Durchlaufzeit der IIR-Filterbanktechnologie wird durch die vorrangige Verarbeitung des Eingangssignals in der Zeitebene ermöglicht, bevor dieses in die Frequenzebene übergeht. Herkömmliche Hörsysteme anderer Hersteller verwenden Filterbankstrukturen, die ein Eingangssignal zuerst in der Frequenzebene verarbeiten und deshalb durch langsamere Durchlaufzeiten limitiert sind, die in der Regel durchschnittlich zwischen 5 und 8 ms liegen (Balling et al., 2020).
Der Klang ist klar: Die Bewertungsergebnisse für die Klarheit des Klangs sind vergleichbar zu den Resultaten der Natürlichkeit. Erneut stimmten 95 Prozent der Teilnehmer zu, dass die Klangqualität durch PureSound klar ist. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse, dass für PureSound ein viel größerer Anteil der Probanden der Aussage vollständig zustimmt. Diese Ergebnisse sind plausibel, denn die Klarheit eines übertragenen Signals wird ebenfalls mit der Durchlaufzeit eines Hörsystems in Verbindung gebracht.
Meine eigene Stimme klingt natürlich: Bereits in einer früheren Feldstudie (Balling et al., 2020) zeigten die Ergebnisse bei der Bewertung der eigenen Stimme eine signifikante Präferenz für die ultraschnelle PureSound-Signalverarbeitung. Für eine natürliche Wahrnehmung des eigenen gesprochenen Wortes haben Verzerrungsartefakte des Kammfiltereffekts einen maßgeblichen negativen Einfluss. So sind verzögerungsbedingte Klangartefakte in offenen und Vent-Versorgungen unter Umständen einfacher von den Hörsystemträgern feststellbar.
In der Vergangenheit war die nicht zufriedenstellende Empfindung der eigenen Stimme, bedingt durch herkömmliche Durchlaufzeiten in Hörsystemen, eine Rückmeldung von angehenden Hörsystemträgern. Der zweithäufigste Grund, ein Hörsystem nicht zu tragen, ist für Hörgeschädigte in Deutschland, dass ihr Gehör nicht in den „Normalzustand“ wiederhergestellt wird. Das gaben 67 Prozent der in einer EuroTrak-Studie befragten Menschen mit Hörminderung an (EuroTrak Germany, 2018). Die Kriterien für eine als normal empfundene Hörfähigkeit setzen sich aus unterschiedlichen physiologisch-akustischen Gegebenheiten zusammen. Sicherlich sind hierbei generell bekannte Faktoren wie die Hörbarkeit, das Lautheitsempfinden und die Frequenzselektivität bei vorhandenen Schallempfindungsschwerhörigkeiten ausschlaggebend, die Bewertung der eigenen Stimme ist dennoch ein weiterer möglicher Faktor. Gerade weil die eigene Stimme als bekannte Referenz für Hörsystemträger dient. Eine Verbesserung der natürlichen Wahrnehmung der eigenen Stimme ist demnach ein wichtiger Faktor für die Hörsystemadaption. Tatsächlich zeigt auch die aktuell vorgestellte Umfrage von Balling et al. (2021b) eine hohe Zustimmung, dass die eigene Stimme über die schnelle Durchlaufzeit der PureSound-Verarbeitung von 90 Prozent der Teilnehmer als natürlich wahrgenommen wird. Im Vergleich dazu lag die Zustimmung für die eigenen Hörsysteme anderer Hersteller niedriger mit nur 77 Prozent. Die höhere Zustimmung für PureSound ist besonders bemerkenswert, da es sich um erfahrene Hörsystemträger handelte, die sich bereits über längere Zeit an den Klang ihrer Stimme bei der Verwendung ihrer eigenen Hörsysteme gewöhnt hatten.
Der Schalleindruck ist exakt dort, wo ich ihn erwartet habe: Abschließend ist zu erwähnen, dass durch die Abwesenheit des Kammfiltereffekts im PureSound-Signal die Schalllokalisation verbessert werden kann. Dies reflektieren die Umfrageergebnisse ebenfalls (Abbildung 3, rechts unten). Die Häufung der Zustimmungen für PureSound im Vergleich zu den eigenen Hörsystemen zeigt deutlich, wie sich die wahrgenommene Lokalisationsfähigkeit durch PureSound verbessert. So stimmten für PureSound 95 Prozent der Hörsystemträger zu, den Schalleindruck dort wahrgenommen zu haben, wo dieser erwartet wurde. Für die eigenen Hörsysteme anderer Hersteller beträgt die Zustimmungsrate nur 67 Prozent.
Alle vier abgefragten Parameter (Abbildung 3) können mit der Durchlaufgeschwindigkeit eines Hörsystems in Verbindung gebracht werden. Dabei sticht eine höhere Zustimmungsrate für PureSound in allen Kategorien heraus – generell stimmen mehr Hörsystemträger den positiven Eigenschaften von PureSound zu. Zusätzlich wird für die Bewertung von PureSound die Antwortmöglichkeit „stimme vollständig zu“ häufiger gewählt. Für die Praxis besonders relevant ist, dass ein Vorteil durch PureSound erzielt wurde, obwohl die Teilnehmer mit ihren eigenen Hörsystemen erfahren waren. So könnte man erwarten, dass sie sich in Bezug auf die oben abgefragten Parameter tendenziell eher für den Klang und die Lokalisierung der eigenen Hörgeräte entscheiden würden. Da dies nicht der Fall war, zeigen die Umfrageergebnisse, dass sich eine drastische Reduzierung der Durchlaufzeit positiv auf die Klangwahrnehmung erfahrener Hörsystemträger auswirkt (Balling et al., 2021b).
Hören im Störgeräusch
Durch die alltäglichen und unterschiedlichen Hörumgebungen kommt es selbstverständlich auch regelmäßig zu störgeräuschbehafteten Hörsituationen. Ein für Hörsystemträger ebenfalls wichtiger Parameter der Hörgerätezufriedenheit ist, wie in diesen Situationen das Störgeräusch wahrgenommen wird. So beinhaltete der in der Umfrage verwendete Fragebogen auch Segmente zur Bewertung der Zufriedenheit über die verwendeten Hörsysteme im Störgeräusch. Diese Abfrage ist relevant, da durch die für PureSound verwendete ZeroDelay-Technologie die Signalverarbeitung im Störgeräusch zu herkömmlichen Hörsystemen abweicht. Um für gering- bis mittelgradige Hörminderungen eine möglichst natürliche Klangqualität bereitzustellen, verfolgt PureSound die Philosophie, die gesamte vorliegende Geräuschkulisse zu übertragen. Dies geschieht durch die Verwendung ultraschneller Durchlaufgeschwindigkeiten (< 0,5 ms). Da der Einsatz von adaptiven Richtcharakteristiken in Hörsystemen zeitaufwendig ist und die Durchlaufgeschwindigkeit verlangsamt, arbeitet PureSound im omnidirektionalen Modus (Kuk et al., 2020). Dies könnte die Erfahrungen im Störgeräusch beeinflussen. Allerdings zeigten die Untersuchungen von Kuk et al. (2020) auch, dass die Sprachverständlichkeit von PureSound in störgeräuschbehafteten Hörsituationen vergleichbar war zu den Ergebnissen zweier High-End-Hörsysteme, die über eine Richtmikrofonierung, aber langsamere Durchlaufzeiten (6 ms und 8 ms) verfügten.
Auch die hier vorliegenden Umfrageergebnisse von Balling et al. (2021b) ergaben, dass die Teilnehmer mit PureSound eine hohe Zufriedenheitsrate im Störgeräusch erlangten (siehe Abbildung 4). Die Verteilung der Bewertungen für PureSound verschob sich im Vergleich zu den eigenen Systemen in Richtung „zufrieden“ und „sehr zufrieden“. Dabei waren die meisten Beteiligten mit PureSound „zufrieden“, während die häufigste Antwort für die eigenen Hörsysteme „eher zufrieden“ war. Werden die drei Kategorien „eher zufrieden“, „zufrieden“ und „sehr zufrieden“ zusammengefasst, zeigt sich, dass 82 Prozent der Teilnehmer mit PureSound im Störgeräusch zufrieden waren. Dieser Wert sinkt für die eigenen Hörsysteme anderer Hersteller hingegen auf 54 Prozent. Eine mögliche Erklärung für die erhöhte Zufriedenheit zugunsten der schnelleren PureSound-Verarbeitung kann die Lokalisationsfähigkeit (siehe Abbildung 3, rechts unten) in Verbindung zur Erhaltung einer natürlichen Klangwiedergabe sein. Zusätzlich bestärkt werden die hier vorgestellten Resultate durch die Ergebnisse von Slugocki et al., 2020. Das Forschungsteam konnte für PureSound (Durchlaufzeit: < 0,5 ms) im Vergleich zu zwei anderen High-End-Hörsystemen (Durchlaufzeit: 6 ms bzw. 8 ms) durch objektive EEG-Messungen eine stabilere Bewahrung der neuronalen Signaleinhüllenden feststellen. Insbesondere wurde durch PureSound die Grundfrequenz (f0) signifikant besser erhalten. Forschungsarbeiten an Normalhörenden (Song et al., 2011; Summers & Leek, 1998) bringen eine robuste neuronale Repräsentation der Grundfrequenz eines Sprechers in Verbindung mit der Fähigkeit, diesen Zielsprecher aus konkurrierenden Schalleindrücken herauszuhören. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für das Verstehen im Störgeräusch und Indiz für die positive Wirkungsweise von PureSound in störschallbehafteten Situationen.